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Ries - Gau Nördlingen

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Weltmeisterschaft in Zagreb 2006

Zagreb

Interview mit Nicole Stenzenberger über die WM der Schützen 2006

 

Die Vizeweltmeisterin Nicole Stenzenberger vom Verein St. Sebastian Maihingen berichtet im Interview über ihre Vorbereitungszeit für die ISSF Weltmeisterschaft und die Erlebnisse, die sie während der Zeit in Zagreb hatte.

Als erstes möchte ich dir zur Teilnahme bei der WM in Zagreb (Hauptstadt von Kroatien) gratulieren. Was bedeutet es dir als erste Schützin aus dem Ries-Gau Nördlingen und zudem noch in so jungen Jahren an einer ISSF Weltmeisterschaft teilzunehmen? Konntest Du dir damit einen Traum erfüllen?

Ja auf jeden Fall, es war ein riesen Traum von mir überhaupt bei der WM dabei zu sein und mit den großen „Cracks“ mit zu schießen, die für mich schon als ich mit dem Schießen begann große Vorbilder waren. Es war ein unbeschreibliches Gefühl als mir vom Bundestrainer gesagt wurde, dass ich mit zur Weltmeisterschaft nach Zagreb fliegen darf.

War der Vizeweltmeistertitel vorher ein realistisches Ziel oder hat er alle Erwartungen übertroffen.

Der Titel hat alle Erwartungen seitens der Bundestrainer und der Schützen gesprengt. Niemand hat daran geglaubt, dass wir überhaupt so weit nach vorne kommen und eine Medallie erreichen. Nur mein Trainer des Ries-Gaus Edwin Vietz (St. Sebastian Maihingen) hatte schon vor ca. fünf Jahren zu mir gesagt, dass ich es einmal sehr weit bringen werde. Doch ich hatte nie an seine Vorhersagen geglaubt.

Wie viele Starter bzw. Starterinnen nahmen aus Deutschland und der ganzen Welt an dieser Weltmeisterschaft teil?

Es nahmen 6 Juniorinnen und 6 Junioren , sowie 5 Damen und 5 Herren für Deutschland teil. In weiteren Disziplinen starteten ebenfalls eine begrenzte Anzahl von Schützinnen und Schützen. Bei dieser Weltmeisterschaft nahmen 127 Nationen aus der ganzen Welt teil. Pro Disziplin gingen ca. 70 Schützen an den Start.

Um solche Ergebnisse wie du in letzter Zeit gebracht hast, schießen zu können muss man sicherlich viel trainieren. Wie viele Stunden verbrachtest du in letzter Zeit wöchentlich am Schießstand und welche Personen unterstützten dich dabei?

Zu den WM-Ausscheidungskämpfen habe ich, aufgrund meiner Fachabiturprüfung, so gut wie gar nicht trainiert, da das Lernen zuviel Zeit in Anspruch nahm. Jedoch als feststand, dass ich bei der WM dabei bin, packte mich der Trainingseifer und ich verbrachte ca. 4-5 Tage die Woche am Schießstand. An den Wochenenden (Do-So) fanden WM-Vorbereitungswettkämpfe statt, in Pfreimd und München, sowie Internationale Wettkämpfe, um uns optimal auf die WM vorzubereiten. Ein hartes Konditionstraining, das ich täglich durchführte, war ebenfalls wichtig, damit man bei den heißen Bedingungen, die in Zagreb herrschten (ca. 40°C), Kondition zeigen konnte.

Viele Personen waren an meiner Vorbereitung beteiligt und unterstützten mich. In erster Linie meine Eltern, mein Gautrainer Edwin Vietz, der mit mir zahlreiche Stunden am Schießstand verbrachte, mein Landestrainer Mario Gonsierowski und Bundestrainer Helmut Hoffmann. Sowie viele Freunde und Mannschaftskollegen, die mir Kraft gaben und Glauben schenkten.

Deine ruhige Ausstrahlung am Schießstand fällt vielen Menschen auf. Besuchst du ein spezielles Training für deine Nerven oder liegt diese Ruhe in deiner Natur?

Die Ruhe habe ich von meinem Opa geerbt, uns beide kann so schnell nichts aus der Bahn werfen. Nervenstärke ist bei solchen Wettkämpfen sehr sehr wichtig. Normalerweise bin ich vor bedeutenden Meisterschaften nicht sehr aufgeregt, jedoch als ich dann bei der WM den Startknopf nach dem Probeschießen drückte, schoss mein Puls in die Höhe. Nur mit speziellem Atmen und Technik konnte ich dies wieder in den Griff bekommen. Es ist wichtig, dass man mit dem Kopf nur bei seiner Technik ist und sich auf zwei Schwerpunkte konzentriert. Sobald Gedanken ins Spiel kommen, kann das verheerende Auswirkungen haben. Ein spezielles Training gibt es eigentlich nicht, jedoch finden vor solchen Wettkämpfen zahlreiche Einzel- und Gruppengespräche mit dem Bundestrainer und unserem Psychologen statt, die uns wichtige Tipps mit auf den Weg geben.

Sind die Schießbedingungen in Deutschland vergleichbar mit denen in Kroatien?

Man kann den Komfort in Deutschland mit dem in Kroatien nicht vergleichen. In Zagreb ist alles sehr beengt. Man liegt auf dem Betonboden mit einer dünnen Matte, hat mit den hohen Temperaturen, sowie mit den grellen Lichtverhältnissen zu kämpfen. Nach jeweils drei Schüssen muss man den Backen auf den man aufliegt abputzen, da man sonst ständig vom Gewehr abrutscht. Hinzu kommen noch die starken Windböen, die oft unter der Schussabgabe von links nach rechts oder anders herum drehen, und man somit schlechte Schüsse kassiert. Jedoch kann man sich nach dem stressigen Wettkampf in unserem fünf Sterne Hotel im Whirl- und Swimmingpool mit anschließenden Massagen und Vitaminbomben wieder erholen.

Auf welche Vergnügen hast du während der Vorbereitungszeit verzichten müssen?

Als Bayern- und Nationalkaderschütze muss man auf viele Dinge wie Freunde und Familie sowie auf das Weggehen verzichten. Ebenfalls muss man in mancherlei Hinsicht kürzer treten, jedoch wenn man sieht, was dabei heraus kommen kann nimmt man den Verzicht gerne in kauf.

Du bist ja nicht nur in einer sondern in mehreren Disziplinen angetreten, welche waren dies und wie konntest du dich gegen deine Kontrahentinnen behaupten?

Ich bin als Doppelstarter angetreten in der Disziplin Kleinkaliber 60 Schuss Liegend und KK 3x20 (Liegend-Stehend-Kniend). Die stärksten Kontrahenten waren die Chinesen, die Rund um die Uhr am Schießstand stehen, da bei ihnen der Schießsport als Beruf zählt.

Bei einer WM ist der Tagesablauf der Teilnehmenden Personen meist eng gestrickt hattest du trotzdem Zeit um bei diesem schönen Wetter baden zu gehen oder etwas von dem Land und den Leuten dort zu sehen?

Von der Stadt und den Menschen aus Kroatien haben wir nicht viel mitbekommen, da wir die meiste Zeit am Schießstand und im Hotel verbrachten. Auch das Baden im Freien wurde uns untersagt, aufgrund der Sonnenbrandgefahr. Der Ablauf gestaltete sich sehr einseitig. Nach dem Frühstück ging es mit dem Shuttlebus zum Schießstand. Dort fand die Waffen- und Bekleidungskontrolle mit einmaligem, zeitbegrenzten Training - einen Tag vor Wettkampfbeginn - statt. Anschließend fuhren wir wieder ins Hotel um uns dort in Ruhe auf den ersten Wettkampftag vorbereiten zu können.

An welche speziellen Ereignisse wirst du dich auch noch in Jahren erinnern?

Ich werde mich an die komplette Weltmeisterschaft mein ganzes Leben lang erinnern. Es gibt spezielle Momente, die man nie vergisst. Beispielsweise wenn man auf dem Podium steht, die Fahnen gehisst werden und vor einem ca. 25 Fotografen stehen. Außerdem ist es eine Ehre, wenn meine Vorbilder, sowie ehemalige Olympiasieger auf mich zukommen und mir gratulieren. Was man auf solch einer Weltmeisterschaft alles zu Gesicht bekommt ist sensationell, wenn zum Beispiel Schützen mit Turban, Verschleiert oder auch mit Tirolerhut und Sonnenbrille schießen sieht.

Ein weiteres Highlight ereignete sich vor meinem 3x20 Wettkampf, als ich meinen Bekleidungskoffer öffnete und eine Horde Ameisen auf meiner Ausrüstung herumkrabbelte und sich während dem Wettkampf in meiner Unterbekleidung bemerkbar machten.

Bei jedem Wettkampf zählen immer auch die Ergebnisse, wie beurteilst du deine Leistungen?

Ich bin auf jeden Fall vom Stand weggegangen mit dem Gefühl mein Bestes gegeben zu haben. Man kämpft in erster Linie für die Mannschaft und wenn es bei einem der drei Teamkameraden nicht so gut läuft, dann ist die komplette Mannschaft nicht mehr zu retten.

Nach der WM-Teilnahme blickt man sicher auch in die Zukunft. Wäre Olympia 2008 eine Herausforderung für dich?

Es wäre auf jeden Fall eine Herausforderung für mich, jedoch bin ich für die Olympiade 2008 in Peking um ein Jahr zu jung, da man erst ab 21 Jahren in der Damenklasse starten darf. Jedoch ist für die Olympiade 2012 noch alles offen. Im März 2007 findet die Europameisterschaft im KK-Bereich in Granada (Spanien) und im Luftgewehrbereich in Frankreich statt, bei der ich höchstwahrscheinlich für Deutschland an den Start gehen darf.

Welche beruflichen und schulischen Ziele verfolgst du im Moment und welcher Platz hat der Schießsport dort?

Meine berufliche Zukunft entscheidet sich alles noch, da ich nicht weiß, ob ich einen Studienplatz bekomme. Deshalb muss ich möglicherweise mit dem Schießen etwas kürzer treten, was schwierig wird, als Nationalkaderschützin. Ebenfalls werde ich in der nächsten Saison für Fürth in der 2. Bundesliga schießen, was für mich eine neue Herausforderung sein wird. Der Schießsport ist einfach mein Hobby und für mein Hobby lebe ich.